Der Koalitionsvertrag - Umweltpoitik auf dem Prüfstand

Veröffentlicht am 22.02.2018 in Umwelt

Klimaschutzgesetz, schnellerer Ausbau von erneuerbaren Energien, Verbot von Glyphosat – mit diesen Topthemen im Bereich Umweltpolitik brüstet sich der Parteivorstand, um für die GroKo zu werben. Dabei verfällt man in diesem Teil des Vertrags in bayrische Idylle, erinnert sich an alte Abmachungen aus der letzten GroKo und schafft keine Trendwende in der Umwelt- und Klimapolitik.    

 

  

„Wir wollen eine multifunktional ausgerichtete, bäuerlich-unternehmerische, familiengeführte und regional verwurzelte Landwirtschaft erhalten.“, ein Satz, bei dem der designierte Heimatminister Horst Seehofer sicherlich dahinschmilzt in einem bayrischen Traum, in dem er noch per Hand die Kühe melkt, dabei für die Fotografen lächelt, und so das Volk ernährt. Es ist aber auch ein Satz, der genauestens aufzeigt, wie Union und der SPD Vorstand sich die nächsten vier Jahre Umwelt-, Klima- und Verkehrspolitik vorstellt: Schönfärberei, bei der Modernisierung oft fehlt am Platze ist und wenn sie doch mal vorkommt, pauschal und schwammig beantwortet wird.

Der umweltpolitische Themenbereich steckt voller gutem Willen, jedoch mangelt es ihm an dem Durchsetzungsvermögen. Nur selten setzt man sich klar formulierte und prüfbare Ziele. Viel lieber verliert man sich in Prüfaufträgen, Gutachten und verweist auf den Willen ja etwas verändern zu wollen, wenn es denn irgendwie möglich erscheint. 

Die Antwort des Koalitionsvertrages auf das Pariser Klimaschutzabkommen ist einfach dargestellt: Sie heißt Elektroenergie. Möglichst alle Verkehrsmittel, sei es nun der heimische PKW oder riesige Schiffe und Flugzeuge, sie alle sollen möglichst auf E-Energie umgerüstet werden. Ist diese nicht möglich, so sollen andere alternative Kraftstoffe herhalten. Beginnen möchten die Koalitionspartner bei Behörden, Taxen, dem ÖPNV und Handwerkern. Diese fahren zumeist dieselbetriebene Fahrzeuge und sollen zuerst umrüsten oder zu Neuanschaffungen überredet werden. Eine Vermehrung der E-Autos im Straßenverkehr verspricht man sich zum einen durch weitere Kaufprämien für derartige Fahrzeuge, zum anderen durch „flächendeckende Feldüberwachung sowie ein wirksames Sanktionssystem bei Nichteinhaltung von Emissionsvorschriften“. Dabei werden die Autohersteller mit keinem Wort in die Pflicht genommen. Es sollen lediglich Gerichtsurteile abgewartet werden und dann, wenn wirtschaftlich sinnvoll, Nachrüstungen vorgenommen werden. 

Der Schienenverkehr soll, ebenso wie die Schifffahrt, auch elektrifiziert werden. So sollen etwa bis 2025 70% des Schienennetzes elektrifiziert werden. Wenngleich man den grünen Gedanken in sich entdeckt hat, so möchte man dennoch mehr Schiffe und Bahnen bauen. Die für den Antrieb nötige Energie sollen neu errichtete On- und Offshoreparks, sprich Windenergie, liefern. Zudem sollen Photovoltaikanlagen ausgebaut werden. 

So nimmt das Politspektrum der Verkehrspolitik einen großen Teil im Vertrag ein, der jedoch in der weiteren Umweltpolitik eingespart wird. Die Klimakriese ist eine globale Gerechtigkeitskrise und muss sowohl national, als auch international angegangen werden. Zwar möchte man weiterhin den Klimawandel bekämpfen, doch anstatt aktiv mit anderen Staaten das weitere Vorgehen gegen den Klimawandel zu planen, passt man sich lieber Hochwassern durch neue Schutzpläne an und verspricht sich Projekte aus der vergangenen Legislaturperiode, wie ein neues Tierwohllabel oder ein Glyphosatverbot, nun doch endlich umsetzten zu wollen. 

Aus Klimaschutzgründen wäre es sinnvoll, dass die gemeinsame EU-Agrarpolitik vor allem pflanzlich orientierte Landwirtschaften fördert. Aus Tierschutzgründen wäre es sinnvoll den Kommunen ein größeres Mitspracherecht über den Bau von Tierhaltungsanlagen zu gewähren, sodass weniger Fleisch produziert wird – schon heute gibt es eine Überproduktion in Deutschland. Außerdem sollte man die Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung an Schulen und Kitas einführen. Diese würden nämlich nicht nur eine gesündere Ernährung fördern, sondern auch langfristig zu weniger Klimaemissionen führen. 

Stattdessen schreibt man in den Koalitionsvertrag Floskeln, die jede Partei hinzugefügt hätte und Themen, die seit Jahren schon angegangen werden müssten, wie etwa, dass man Lücken im Tierschutzgesetz ausmachen und schießen wolle. Sätze, die sich in jedem Koalitionsvertrag fänden.

Die Jagd soll durch die GroKo gestärkt werden – auch auf Wölfe. Die aktuell etwa 150 – 160 Wölfe, die in Deutschland leben, sollen für die „letale Entnahme“ freigegeben werden. Wölfe, die womöglich einen Weidezaun überquert haben, sollen also zum Abschuss freigegeben werden. Der Vertrag spricht von einer notwendigen Bestandsreduktion. Ein Schlag ins Gesicht für alle Tierschützer, die seit Jahren daran arbeiten, dass der in Deutschland einst ausgestorbene Wolf´, hier nun wieder seine Heimat findet. 

So ist das Gesamtergebnis der Umweltpolitik überragt von Verkehrs- und Energiepolitik. Es verliert sich in unzählige Vorhaben, die man womöglich während der Legislaturperiode einmal angehen könnte. Der Vertrag bleibt oft unkonkret und an diesen Stellen deutlich von der Union dominiert. Wirtschaftlichkeit steht noch immer vor jedem Tierwohl und die Seiten zu diesem Themenbereich wurden mit leeren Worthülsen gespickt. Ein Bekenntnis zu Bienen, Verbesserungen des Tierschutzes und Verringerungen von Tierversuchen hätte wohl jede Partei mitgetragen, in dem stillen Wissen, dass konkrete Pläne und Ziele hierzu nicht vorliegen müssen – auch nicht, wenn Union und SPD miteinander koalieren wollen. 

Der Vertrag hinterlässt viele offene Fragen, verliert sich in andere Themenbereiche, etwa der Gleichstellung, und verpasst es eine Offensive auf eine der dringlichsten Fragen unserer Zeit, der Klimafrage, zu starten. Die Umwelt- und Klimapolitik hat in der GroKo keinen guten Partner. Der Schlüssel zu einer neuen Welt, liegt in eine, neuem Denken, liebe SPD. 

„Es genügt nicht die Natur zu verstehen, entscheidend ist, sie zu schützen und zu erhalten.“

- Edward Abbey –

 

Von Leon Reinecke     

 

  

 
 

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